Klassik.com – Die Entführung aus dem Serail
Christos Kechris develops as Pedrillo into a funny counterpart. Together [with Emily Fultz as Blonde] they succeeded in creating a charming servant couple.
Michaela Schabel, Klassik.com
Old-fashioned „Entführung”
Die Inszenierung „Die Entführung aus dem Serail” bleibt hinter den Erwartungen
Wo ist die Mozartsche Leichtigkeit, der kokette Schwung des Komponisten, die quirlige erotische Spannung? Sie bleibt in der Neuinszenierung von Mozarts ‘Entführung aus dem Serail’ im Landestheater Niederbayern auf der Strecke. Das Regiedebüt der Passauerin Margit Gilch bietet nur konventionelles Rampensingen in einer antiquierten Ästhetik. Ihre Modernisierungen bleiben an der Oberfläche. Via Schwarz-Weiß-Video wird ein Erinnerungsrahmen parallel zur Ouvertüre geschaffen, der für die Oper völlig lapidar ist und nur von Mozarts Musik ablenkt. Die einengenden, traditionellen Bühnenbauten – ein kleiner intimer Patio mit Treppe und Brunnen – bleiben kaum genutzte Kulisse. Peinlich ist der Kostümmix aus Herrenanzügen, schillernden Orientkreationen und rustikal orientalischer Dieneroptik. Dass Maximilian Widman Bassa Selim als blinden Schönling am Schluss im weißen Smoking spielen muss, setzt den innovativen Plattitüden die Krone auf. Dabei böte ‘Die Entführung aus dem Serail’ als Befreiung zweier Europäerinnen aus Der Gefangenschaft in einem Land muslimischer Kultur genügend Zündstoff.
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Liebesleid und Liebeswerben tänzerisch zu visualisieren (Bernadette Leitner), wirkt als Double Konstanzes mit wallenden Stoffärmeln reichlich exaltiert, durchaus atomsphärisch als kleine, erklärende Nebenhandlung mit einem umgarnenden Pad de deux mit Maximilian Widmann. Doch das eigentliche Thema, die Macht der Gefangenen bzw. die Ohnmacht der Mächtigen, bleibt in der operettenhaften Inszenierung ausgespart.
Ambivalent ist am Premierenabend in Landshut auch die musikalische Umsetzung. Allein Emily Fultz bringt als Blonde eine wirklich reizend kokette Mozart-Figur auf die Bühne. Unbefangen und witzig koloriert sie charmant, herrlich verführerisch hat sie ihre beiden Herren sängerisch und durch eine pfiffige Bewegungsdynamik voll im Griff. Ein kleiner Beinkick genügt, zumindest ihren Liebsten aus der Balance zu bringen. An ihrer Seite entwickelt sich Christos Kechris als Pedrillo zu einem witzigen Pendant. Zusammen gelingt es den beiden in den Duetten, ein charmantes Dienerpaar abzugeben.
Das funktioniert auf der Ebene der Herrschaften nicht in gleicher Weise. Martha O’Haras voluminöser Koloratursopran ist für die Rolle der Konstanze viel zu dramatisch und mächtig. Zugleich hebt sie damit die gesanglichen Schwächen Albertus Engelbrechts nur umso stärker hervor. Er war in den Quartetten kaum hörbar, wirkte in den Solokoloraturen indisponiert. Mit vollem Timbre und samtener Tiefe avancierte Young Kwon zum Publikumsliebling, obwohl die Präsentation seiner Rolle an rüpelhaftem Klischeekitsch kaum noch zu überbieten ist. Ein nicht zu unterschätzendes Manko war trotz guter Akustik die extrem eingeschränkte Textverständlichkeit, was man durch eine Übertitelung leicht hätte beheben können.
Diesmal enttäuschte auch die Niederbayerische Philharmonie. Trotz des lebhaften Dirigats von Basil H. E. Coleman fehlte das vibrierende Klangvolumen Mozarts. Zu blass wirkten die Klangfarben, zu gleichförmig die Wiederholgunsmotive. Mozarts Musik hat wesentlich mehr zu bieten. Schade.
Michaela Schabel
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Source: www.klassik.com
23/03/2016