The great Bassa so young

Landshuter Zeitung, by Iro Eberhard
21 March 2016

Landshuter Zeitung – Die Entführung aus dem Serail

Christos Kechris in his cheerful role of servant Pedrillo is able to add significantly more color.

Iro Eberhard, Landshuter Zeitung

Der Große Bassa ganz klein

Mozarts “Die Entführung aus dem Serail”  im Landshuter Theaterzelt

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Was würden Sie tun, wenn Frau Merket Ihnen den Auftrag zu einer Oper geben wurde Sie würden wohl handwerklich glänzen und inhaltlich den Geschmack der Zeit treffen wollen. So tat’s auch Wolfgang Amadeus Mozart, als er von Kaiser Joseph II den Auftrag erhielt, ein Werk für das Nationalspiel zu schreiben. Der „Türkenstoff” als Sujet seiner „Entführung aus dem Serail” lag in Wien damals ohnehin in der Luft und als Libretto in Christoph F. Bretzners „BeIlmont und Constanze” vor. Dieser Selim ist verletzlich und last blind Handwerklich zog Mozart in seinem Singspiel viele Register, angefangen von der schlichten Romanze über das Trinklied bis zur augenzwinkernden Charakterzeichnung, etwa bei Pedrillo, der unter kriegerischen Klängen „Frisch zum Kampfe” anstimmt, den aber sogleich der Schneid verlässt und in Triolen steckenbleibt. Und dann die polternden Auftritte des Haremswächters Osmin und das Tamtam der “türkischen Musik”. Dazu kommt bei Mozart, ebenso wie in Leasings ,Notbon” oder Beethovens “Fidelio”, was bei etlichen heute bei diesem Auftrag nicht hinzukäme: der Aufklärungs- und Humanitätsgedanke. Der vermeintlich Böse, Fremde zeigt nämlich uns beschämende Größe. In der „Entführung” ist es Bassa Selim. Er schenkt Belmonte, dem Sohn seines Erzfeindes, mitsamt dessen Geliebten Konstanze, der Zofe Blonde und dem Diener Fedrillo die Freiheit. Letztere drei waren in die Hände von Seeräubern geraten und vom Basra gekauft worden In der Inszenierung von Generalmusikdirektor Basil H.E. Colernan und Margit Gilch für des Landestheater wird Selims Größe eingekürzt. Sie streicht nicht nur den ihn preisenden „Janitscharenchor”, macht Selim zum Verletzlichen und fast Blinden. Durchaus originell ist der Einfall, in einer Rahmenhandlung Oscar lnhoff als Jetzt-Selim auf die guten alten Zeiten der 60er Jahre im Jemen zurückblicken zu lassen. Maximilian Widmann spielt dann den Selim der eigentlichen Handlung. Viel Liebe zum Detail wurde aufgewandt, damit das Lokalkolorit stimmig wirkt, angefangen vom originalen Filmprojektor aus den 60ern, der die Rückblende abspielt, bis zum Bühnenbild (Andrea Hölzl). Die Inszenierung möchte bewusst vordergründige Aktualität des Stoffes vermeiden, setzt auf subtilere Botschaften, die zu gegenseitigem kulturellen Verständnis anregen sollen. Doch wirkt die hinzugefügte Rahmenhandlung nicht unbedingt schlüssig, das Treppchenbühnenbild schlichtweg brav. Musikalisch setzt Coleman mit kleiner Besetzung auf barocke Lesart, dirigiert vom Cembalo aus. Weitgehend trifft er damit den Geist der Oper bestens. Wunderbar frisch begrüßt einen schon zu Beginn die Ouvertüre. Die Tempi wühlt er angenehm spritzig. Andererseits kommen die martialischen Seiten der Partitur, die euch Pauken und Trompeten aufbietet, zu kurz. Abgesehen vom Haremswächter bleibt die Personenzeichnung relativ blass. Schon Mozart konzentrierte sich auf Osmin, dem er umso mehr Farbe verlieh. Ihn zeichnet er nicht nur als Macho, sondern als Kind seiner Zeit (g-Moll-Arie). Den mit furchterregender tiefer Stimme polternden Osmin spielt Young Kwon köstlich, mit vorzüglicher Deklamation und enormer Stimmgewalt. Ebenfalls ganz in ihrer Role auf geht Emily Fultz als englisches Blondchen. Vor Selbstbewusstsein sprühend bietet sie Osmit klarem Sopran keck Paroli. Martha O Hara als Constanze bringt zwar ihre ganze Erregung („Traurigkeit”) stimmlich zum Ausdruck, bietet aber schauspielerisch wenig. Da gibt Christos Kechris in seiner heiteren Rolle als Diener Pedrillo wesentlich mehr Farbe ab, mehr auch als Albertus Engelbrecht, der zwar als Belmonte gleich im Duett mit Osmin stimmlich besticht, dessen Texte man dieses Mal jedoch einfach schlecht versteht. Doch unterm Strich hatten sich alle den langen Applaus im gut gefülllte Theaterzelt wohl verdient.

Iro Eberhard

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Source: Landshuter Zeitung

21/03/2016